Schriftdolmetschen für Menschen mit starker Hörbehinderung in Berlin

Drucksache 17/ 10 284 - Kleine Anfrage der Abgeordneten Elke Breitenbach (LINKE)

Drucksache 17/ 10 284

 

Kleine Anfrage der Abgeordneten Elke Breitenbach (LINKE)

vom 07. März 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. März 2012) und Antwort

 

Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt:

1. Welche Angebote zum Schriftdolmetschen gibt es in Berlin für Menschen mit anerkannter starker Hörbehinderung?

2. Wie werden diese Angebote von wem genutzt und wie ist eine Finanzierung geregelt bzw. üblich?

Zu 1. und 2.: Die Kommunikation mittels eines/einer Gebärdensprachdolmetschers/in oder einer anderen Kommunikationshilfe ist als geeignete Kommunikationsform anzusehen, wenn sie im konkreten Fall eine für die Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderliche Verständigung sicherstellt. Als andere Kommunikationshilfen kommen u. a. Schriftdolmetscherinnen und Schriftdolmetscher oder auch Simultanschriftdolmetscherinnen und Simultanschriftdolmetscher in Betracht (§ 3 Kommunikationshilfenverordnung – KHV). Schriftdolmetschen ist damit eine dem Gebärdensprachdolmetschen gleichgestellte Kommunikationshilfe. Die Vergütung von Kommunikationshelfern/innen im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens wird durch die Behörde bzw. im Sozialleistungsverfahren vom Leistungsträger nach dem Justizvergütungs- und – entschädigungsgesetz (JVEG) getragen. Im Bereich Schriftdolmetschen werden in Berlin professionelle Dienstleistungen angeboten, mit dem Ziel, Menschen mit Hörschädigung in der Kommunikation zu unterstützen.

3. Wie viele Menschen mit anerkannt starker Hörbehinderung sind in der Lage, dem Schriftdolmetschen in deutscher Sprache zu folgen, weil sie die deutsche Schriftsprache beherrschen und keine wesentliche Sehbehinderung haben?

Zu 3.: Schriftdolmetschen versteht sich insbesondere als Angebot für die im Alter stark zunehmende Gruppe der schwerhörigen Menschen, die zumeist der Schriftsprache gut folgen können. Nach dem aktuellen Bericht des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg waren zum Stichtag 31. Dezember 2009 in Berlin 5227 der insgesamt 5332 mit Schwerhörigkeit auch kombiniert mit Gleichgewichtsstörungen erfassten schwerbehinderten Menschen über 18 Jahre alt, sodass die Hörbehinderung bei dem weitaus überwiegenden Teil der hörbehinderten Menschen erst nach der Schulzeit eintritt und dieser in der Lage sein dürfte, dem Schriftdolmetschen in deutscher Sprache zu folgen. Die tatsächliche Anzahl der stark hörbehinderten Menschen, die die deutsche Schriftsprache beherrschen und keine starke Sehbehinderung haben, kann anhand der amtlichen Statistiken nicht ermittelt werden.

4. Sind Schüler/innen nach dem Besuch von sonderpädagogischen Förderzentren für Gehörlose in der Regel in der Lage, sich mit der Gebärdensprache und der deutschen Schriftsprache zu verständigen?

Zu 4.: Für die Schülerinnen und Schüler, die die Schule für Gehörlose besuchen, kann die Frage bejaht werden. Einschränkend muss selbstverständlich erwähnt werden, dass die Schülerinnen und Schüler über individuell unterschiedliche Kompetenzen verfügen. Besonders deutlich wird das Spektrum der unterschiedlichen Kompetenzniveaus, wenn die Gruppe der Schülerinnen und Schüler mit schweren Mehrfachbehinderungen in die Beantwortung dieser Frage einbezogen werden.

Für die Schülerinnen und Schüler mit schwereren Hörbeeinträchtigungen, die die Schule für Schwerhörige besuchen, wird seit dem letzten Jahr die Deutsche Gebärdensprache angeboten.

Dieses Angebot des Landes Berlin findet sich nicht in allen Bundesländern. Daher übernimmt Berlin eine Vorreiterrolle für dieses Angebot.

5. Gibt es Menschen mit Hörbehinderung, die über ein Persönliches Budget verfügen, das auch Leistungen für ein Schriftdolmetschen beinhaltet? Wenn nein, wäre dies aber möglich?

 

Zu 5.: Dem Senat ist nicht bekannt, ob in Berlin Leistungsberechtigte Leistungen in Form eines Persönlichen Budgets erhalten, die Leistungen für ein Schriftdolmetschen beinhalten. Die Regelungen des § 17 SGB IX in Verbindung mit der Budgetverordnung schließen nicht aus, dass auch Teilhabeleistungen, die Leistungen für ein Schriftdolmetschen beinhalten, in Form eines Persönlichen Budgets erbracht werden. Denkbar wäre dies zum Beispiel im Rahmen der Leistungen nach § 55 SGB IX – Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (Hilfen zur Förderung der Verständigung mit der Umwelt).

6. Sieht der Senat in den kommenden Jahren Handlungsbedarf für den Ausbau von Möglichkeiten des Schriftdolmetschens und wenn ja, welchen?

Zu 6.: Der Senat sieht für den Ausbau von Möglichkeiten des Schriftdolmetschens zurzeit keinen Handlungsbedarf. Ein entsprechender Bedarf wurde bisher von den Betroffenen und deren Verbänden nicht signalisiert. Bei Kenntnisnahme eines Bedarfs wird der Senat erforderliche Maßnahmen prüfen und gegebenenfalls umsetzen.

Berlin, den 27. März 2012
In Vertretung

Michael B ü g e

Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales

(Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Mrz. 2012)

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