Erzwungene Wohnungsumzüge in Berlin für ALG-II-Beziehende
Kleine Anfrage der Abgeordneten Elke Breitenbach und Katrin Lompscher (LINKE) - Drucksache 17/ 10 149
Drucksache 17/ 10 149
Kleine Anfrage der Abgeordneten Elke Breitenbach und Katrin Lompscher (LINKE)
vom 23. Januar 2012 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Januar 2012) und Antwort
Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt:
Vorbemerkung: Sofern die Kosten für Unterkunft und Heizung auch individuell unangemessen sind, werden die Leistungsbeziehenden aufgefordert, die Kosten zu senken. Dies kann auf unterschiedliche Art, auch durch einen Umzug geschehen. Erzwingen lässt sich ein Umzug nach der geltenden Rechtslage nicht.
1. Bei wie vielen ALG-II-Beziehenden wird in Berlin eine Miete oberhalb der in der AV-Wohnen festgelegten Richtwerte der Kosten der Unterkunft (KdU) gezahlt (bitte nach Job-Centern aufschlüsseln)?
Zu 1.: Im Jahre 2011 (bis September 2011) erhielten durchschnittlich 99.148 Bedarfsgemeinschaften Leistungen für Unterkunft und Heizung oberhalb der Richtwerte der AV-Wohnen. Davon entfielen nach der Statistik der Bundesagentur für Arbeit auf die einzelnen Jobcenter:
Mitte - 14.027
Tempelhof-Schöneberg - 9.800
Steglitz-Zehlendorf - 3.656
Marzahn-Hellersdorf - 6.805
Lichtenberg - 8.281
Friedrichshain-Kreuzberg - 9.207
Treptow-Köpenick - 4.640
Charlottenburg-Wilmersdorf - 8.431
Spandau - 7.935
Pankow - 7.885
Neukölln - 11.500
Reinickendorf - 6.981
2. Wie viele ALG-II-Empfangende sind in den Jahren 2009 und 2010 aufgefordert worden, die Kosten ihrer Unterkunft zu senken (bitte mit o. g. Aufschlüsselung)?
Zu 2.: Diese Angaben liegen erst seit Beginn des Controllings zur AV-Wohnen, also erstmals für 2010 vor. In 2010 ergingen von den Jobcentern 71.187 Aufforderungen, die Kosten für Unterkunft und Heizung zu senken. Sie verteilen sich auf die einzelnen Jobcenter wie folgt:
Mitte - 8.740
Tempelhof-Schöneberg - 10.479
Steglitz-Zehlendorf - 3.660
Marzahn-Hellersdorf - 5.654
Lichtenberg - 1.584
Friedrichshain-Kreuzberg - 7.466
Treptow-Köpenick - 3.292
Charlottenburg-Wilmersdorf - 8.713
Spandau - 6.059
Pankow - 7.463
Neukölln - 3.086
Reinickendorf - 4.991
3. Wie viele ALG-II-Empfangende waren es 2011, als die AV-Wohnen ohne Rechtsgrundlage war und Richterrecht galt (bitte mit o. g. Aufschlüsselung)?
Zu 3.: Die AV-Wohnen hatte und hat ihre Rechtsgrundlage in § 5 Ausführungsgesetz zum SGB II in Verbindung mit § 22 SGB II. Als Ausführungsvorschrift des Landes Berlin kann sie allerdings nur die Verwaltung, nicht die Gerichte binden. Dies kann nur dadurch geändert werden, dass die Angemessenheit durch eine Rechtsverordnung nach § 22a SGB II bestimmt wird. Diese Möglichkeit wurde allerdings erst durch Rechtsänderung ab 01. April 2011 eröffnet. In 2011 ergingen durch die Jobcenter insgesamt 65.511 Aufforderungen, die Kosten für Unterkunft und Heizung zu senken. Sie verteilen sich wie folgt auf die einzelnen Jobcenter:
Mitte - 8.740
Tempelhof-Schöneberg - 10.479
Steglitz-Zehlendorf - 3.660
Marzahn-Hellersdorf - 5.654
Lichtenberg - 1.584
Friedrichshain-Kreuzberg - 7.466
Treptow-Köpenick - 3.292
Charlottenburg-Wilmersdorf - 8.713
Spandau - 6.059
Pankow - 7.463
Neukölln - 3.086
Reinickendorf - 4.991
4. Für wie viele ALG-II-Empfangende, die eine Aufforderung zur Kostensenkung in den Jahren 2009, 2010 und 2011 erhielten, galten nach Überprüfung der individuellen Situation die Sonder- und Härtefallregelungen der AV-Wohnen (bitte nach Jahren und Job- Center aufschlüsseln)?
Zu 4.: Diese Angaben liegen erst seit Beginn des Controllings zur AV-Wohnen, also seit 2010 vor.
2010 | 2011 | |
---|---|---|
Mitte | 3.109 | 1.837 |
Tempelhof-Schöneberg | 5.103 | 4.520 |
Steglitz-Zehlendorf | 912 | 609 |
Marzahn-Hellersdorf | 1.271 | 4.814 |
Lichtenberg | 905 | 1.166 |
Friedrichshain-Kreuzberg | 2.945 | 1.096 |
Treptow-Köpenick | 1.330 | 907 |
Charlottenburg-Wilmersdorf | 2.611 | 3.007 |
Spandau | 893 | 4.654 |
Pankow | 2.480 | 7.173 |
Neukölln | 1.439 | 3.005 |
Reinickendorf | 2.134 | 3.547 |
Gesamt | 25.132 | 36.335 |
5. Wie viele ALG-II-Empfangende, die eine Aufforderung zur Kostensenkung erhielten, haben die Kosten alleine gesenkt, z. B. indem sie die Differenz selbst tragen (bitte mit o. g. Aufschlüsselung)?
Zu 5.: Individuell unangemessene Kosten können die Leistungsempfangenden durch Untervermietung, Kostensenkung durch den Vermieter/die Vermieterin oder Zuzahlung aus nicht anrechenbarem Einkommen und Vermögen senken. Diese Möglichkeiten wurden in 2010/2011 in folgendem Umfang in den einzelnen Jobcentern genutzt:
2010 | 2011 | |
---|---|---|
Mitte | 754 | 199 |
Tempelhof-Schöneberg | 143 | 79 |
Steglitz-Zehlendorf | 11 | 10 |
Marzahn-Hellersdorf | 32 | 82 |
Lichtenberg | 117 | 70 |
Friedrichshain-Kreuzberg | 174 | 43 |
Treptow-Köpenick | 45 | 24 |
Charlottenburg-Wilmersdorf | 164 | 220 |
Spandau | 0 | 0 |
Pankow | 108 | 150 |
Neukölln | 206 | 143 |
Reinickendorf | 43 | 16 |
Gesamt | 1.797 | 1.036 |
6. Wie viele Umzüge haben 2009, 2010 und 2011 stattgefunden und wie viele Bedarfsgemeinschaften haben mit dem Umzug das Job-Center gewechselt (bitte nach Job-Center aufschlüsseln)?
Zu 6.: Die Angaben zu 2009 beruhen auf statistischen Meldungen der Jobcenter, die Angaben für 2010 und 2011 stammen aus dem Controlling zur AV-Wohnen. In wie vielen Fällen der Umzug über die Bezirksgrenzen hinaus stattfand und damit das zuständige Jobcenter wechselte, wird nicht erfasst.
2009 | 2010 | 2011 | |
Mitte | 10 | 277 | 75 |
Tempelhof-Schöneberg | 99 | 130 | 59 |
Steglitz-Zehlendorf | 6 | 54 | 34 |
Marzahn-Hellersdorf | 10 | 45 | 84 |
Lichtenberg | 38 | 109 | 130 |
Friedrichshain-Kreuzberg | 13 | 49 | 9 |
Treptow-Köpenick | 20 | 34 | 10 |
Charlottenburg-Wilmersdorf | 33 | 181 | 158 |
Spandau | 11 | 95 | 366 |
Pankow | 25 | 91 | 143 |
Neukölln | 60 | 54 | 166 |
Reinickendorf | 103 | 76 | 79 |
Gesamt | 428 | 1.195 | 1.313 |
7. Wie ist der Stand der Vorbereitung der neuen Rechtsverordnung für die Kosten der Unterkunft in Berlin?
Zu 7.: Der Senat beabsichtigt im ersten Halbjahr 2012 eine Rechtsverordnung zur Bestimmung der Angemessenheit der Kosten für Unterkunft und Heizung zu beschließen.
Berlin, den 13. Februar 2012
In Vertretung
Michael B ü g e
Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales
(Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Feb. 2012)